Text: Karin Wiedemann, Fotos: David Resch
Eines Kalenders bedarf es nicht: regelmäßig ab 1. Oktober kreischen die Motorsägen – auch im Erholungsort Süderstapel. Die Baumfäller sind am Werk. Sie machen alles schier. Nicht immer ist der Baum krank, nicht immer droht er zur Gefahr zu werden. Das Laub im Herbst. Eicheln des 80 jährigen Eichenbaumes auf dem Carport. Fragt man nach dem Grund: Laubfall, Schatten, Sichtbehinderung. Unbeachtet bleibt, dass auch ohne Baumschutzsatzung, wie sie in den meisten Orten selbstverständlich ist, schon das Naturschutzgesetz dem Abholzen Grenzen setzt.
Nach § 44 BundesnaturschutzG (BNatSchG) ist es bei allen Gehölzarbeiten verboten, Vogelbruten oder Quartiere von Fledermäusen zu stören oder sogar zu zerstören. Baumhöhlen, die von Vögeln oder Fledermäusen genutzt werden, sind ganzjährig geschützt und müssen erhalten bleiben. Grundsätzlich ganzjährig verboten ist auch der Eingriff in Natur und Landschaft durch die Fällung von landschaftsbild- und ortsbildprägenden Einzelbäumen und Baumgruppen sowie von Bäumen mit besonderer Funktion für den Naturhaushalt.
Wie oft werden diese Regeln missachtet. Manchmal gewinnt man fast den Eindruck, Bäume seien ein Feindbild – bedrohlich, störend. Tatsächlich aber haben wir allen Grund, den Wert der Gehölze in Garten und Landschaft wertzuschätzen.
Ohne die Fähigkeit der Pflanzen und im Besonderen der Bäume gäbe es kein Leben auf der Erde. Bäume produzieren in großer Menge den für uns lebenswichtigen Sauerstoff, den sie mit Hilfe des Sonnenlichts aus dem Kohlendioxyd (CO2) der Luft herstellen, dem Treibhausgas, das die Erderwärmung antreibt und dessen Ausstoß wir dringend reduzieren müssen. Ein Baum von rund 20 Metern Höhe lässt mit circa 10.000 Liter Sauerstoff am Tag 5 bis 10 Menschen atmen. Bäume haben die Fähigkeit, Kohlenstoffe zu binden und verzögern damit den Klimawandel. Sie verwandeln Kohlendioxyd in organische Materialen – in Holz. Eine Tonne CO2 verbraucht der Baum, um einen Kubikmeter Holz herzustellen, die dann nicht mehr zur Erderwärmung beitragen kann.
Bäume können noch mehr. Ihre Blätter filtern Stäube und Partikel aus der Luft. Regnet es, nimmt das Wasser den gesammelten Staub mit in den Boden und entfernt ihn dauerhaft aus der Luft. Bäume sind ein natürlicher Sonnenschutz – willkommen in heißen Sommern, in denen sie Schatten spenden. Ein großer Baum kann bis zu 500 Liter Wasser am Tag verdunsten und damit die gefühlte Temperatur um 10 bis 15 Grad senken.
Jeder freut sich über muntere Vogelstimmen und die gefiederten Sänger. Wie sie leben in Deutschland 6-7000 Tierarten auf Bäumen. Dort finden sie Nistplätze, Nahrung, Lebensraum und Schutz. Blätter, Nadeln und Knospen sind eine lebenswichtige Grundlage für Wildtiere. Blüten der Bäume spenden Insekten Nahrung. Wer kennt nicht das gewaltige Summe unter blühenden Linden. Früchte, Nüsse, Beere und Samen der Bäume sind in Herbst und Winter eine wichtige Nahrungsquelle, mit den Blüten des Efeus an alten Bäumen gibt es eine letzte Nahrungsquelle für Wildbienen und Co.
Und natürlich: Das Holz der Bäume ist auch als Rohstoff wertzuschätzen: Verarbeitet zu Häusern, Möbeln, Brücken, Schiffen, Hausrat, Musikinstrumenten schenken Bäume uns seit Menschengedenken Nutzen. Der Hausbau mit Holz vermeidet den immensen Energieverbrauch bei der Herstellung von Beton oder Stahl und den dabei erfolgenden Ausstoß an erderwärmenden Gasen. Anders als beim schnöden Verbrennen der gefällten Bäume bleibt das vom Baum gespeicherte CO2 gebunden, Verbrennen setzt es frei.
Bäume sind unsere Freunde im Klimawandel – wer sonst?