Die Landschaft Stapelholm bietet der Flora und Fauna ausgesprochen viele verschiedene Lebensräume, dieses Kriterium ist ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal unserer Landschaft. Die drei Flüsse Eider, Sorge und Treene, die das Landschaftsbild durchgreifend prägen, umrahmen gleichzeitig den zu besprechenden Untersuchungsraum. Es ist anzunehmen, dass die gewässerreiche Landschaft vermutlich seit vielen Jahrtausenden vom Fischotter (Lutra lutra) besiedelt wird.
Fischotter sind stattliche Tiere, die eine Gesamtlänge (Kopf bis Schwanzspitze) bis zu 130 cm erreichen können. Der dickwurzelige, drehrunde Schwanz ist dicht behaart. Die Weibchen sind deutlich kleiner und wiegen bis zu 8 kg, die Männchen werden bis zu 12 kg schwer. Sie sind tag- und nachtaktive Einzelgänger. Die Nahrung besteht aus Fischen, Krebsen, Vögeln und anderen Tieren, die sie überwältigen können. In klaren Gewässern und bei ausreichenden Lichtverhältnissen orten Otter ihre Beute optisch mit den Augen. Doch auch in trüben Gewässern oder bei Dunkelheit haben sie keine Probleme, Beutetiere aufzuspüren. Sie benutzen unter diesen Bedingungen dazu ihre Barthaare, die sogenannten Vibrissen (Tasthaare). Der Otter gehört, wie seine näheren Verwandten Wiesel, Iltis, Nerz, Stein- und Baummarder und Dachs zur Familie der Marder.
Dem Fischotter auf der Spur
Der Nachweis eines Fischotters ist nicht einfach zu erbringen. Fischotter sind in unserer Region überwiegend nachtaktiv und vielfach scheu. Sichtbeobachtungen sind daher in der Regel Zufallsbeobachtungen.
Fährten
Meistens muss man sich mit einem Fährtenabdruck (Trittsiegel) begnügen. Trittsiegel sind in Kies oder Schlamm leicht zu erkennen, da sich die Abdrücke im weichen Sediment klar abgrenzen. Die Größe des Pfotenabdruckes entspricht etwa der eines großen Hundes. Kennzeichnend für den Otter sind aber die fünf Zehenballen, der Hund hat nur vier. Der typischerweise weit gespreizte Abdruck erinnert entfernt an einen Entenfuß. Die zwischen den Zehen befindlichen Schwimmhäute sind in der Regel nicht im Abdruck zu erkennen.
Losung
Otterlosung ist wurstförmig ohne spitze Enden und riecht intensiv nach gammeligen Brassen. Die Kotwalze enthält viele Fischschuppen und kann deshalb mit der eines Nerzes verwechselt werden; sie ist aber wesentlich größer. Der Otter deponiert seine Losung bevorzugt an erhöhten Plätzen. Dies dient der Reviermarkierung. Außerdem wird sog. Schleimkot abgesetzt, dessen Funktion und Herkunft nicht klar ist.
Wildkamera
In den letzten Jahren ist eine weitere Methode zum Nachweis des Otters hinzugekommen: die Wildkamera. An geeigneten Stellen montiert (z. B. unter Brücken mit Bermen), bestehen gute Chancen für einen Bild- bzw. Videonachweis.
Aktuelle Entwicklung der Otterpopulation in Stapelholm
Otter waren in Schleswig-Holstein die letzten 30 Jahre fast völlig aus ihren Habitaten verschwunden. Seit einigen Jahren verdichten sich aber die Hinweise auf die Rückkehr des Fischotters, auch in der ETS-Region. Ein nördlich von Treia überfahrenes Jungtier belegt zum Beispiel, dass sich 2011 im Bereich der Treene die Fischotter wieder ansiedelten und sich dort fortpflanzten. Im Jahr 2014 gelang es Herrn J. Busch bei Esperstoft mit Hilfe einer aufgestellten Wildkamera eine Fähe mit ihren zwei Jungen zu dokumentieren. Im Herbst 2014 konnte der Verfasser gemeinsam mit M. Mielke unter der Fünfmühlenbrücke an der Sorge die Trittsiegel eines großen Otters fotografieren. Schon kurze Zeit danach wurden an verschiedenen Stellen der Region Stapelholm vom Verfasser weitere Belege für die Anwesenheit des Fischotters gefunden: Ein Trittsiegel unter der Honigbrücke bei Meggerdorf, Trittsiegel und Losung im Schlamm unter der Natobrücke/Treene und an der Badestelle in Drage konnten dokumentiert werden. Die Fotos der Trittsiegel wurden zur Überprüfung ins Otterzentrum nach Hankensbüttel gemailt. Es wurde bestätigt, dass es sich auf den Abbildungen um Otterspuren handelt.
Am 14. März 2015 gelang es dem Verfasser, in Meggerdorf mit seiner Wildkamera unter einer Brücke im Koog einen Otter zu filmen, am 20. April lief an der Eider in Süderstapel ein weiterer Otter vor die Wildkamera.
Kartierung
Die aufgetragenen Fundpunkte aus 5 Monaten zum Jahreswechsel 2014/15 belegen, dass der Fischotter wieder nach Stapelholm zurückgekehrt ist. Fehlende Fundpunkte auf der Sorgestrecke im Bereich des Naturschutzgebietes und im Bereich der Eider östlich von Tielen sind darauf zurückzuführen, dass hier wegen der hohen Vegetation keine guten Bedingungen für eine erfolgreiche Suche bestehen.
Gefährdung
Der starke Rückgang des Fischotters war vor 40 Jahren mit jagdlicher Verfolgung nicht zu erklären. Es ist aber zutreffend, dass der Otter als Fischereischädling und wegen seines wertvollen Felles bis Ende der 1960er Jahre verfolgt wurde. Heute ist der Otter ganzjährig geschützt.
Verkehr
In der Statistik der Todesursachen stehen Verkehrsopfer an erster Stelle. Otter vermeiden es, unter Brücken und Durchlässen hindurch zu schwimmen. Sie steigen aus dem Wasser und bevorzugen es, die Straße zu überqueren. Von fast 2000 in Deutschland erfassten toten Fischottern sind 73% durch den Straßenverkehr zu Tode gekommen.
Reusenopfer
Etwa 7-10% der Otter gehen qualvoll in Reusen zugrunde. Einige Fälle sind auch für Stapelholm insofern belegt, als es dafür mündliche Mitteilungen für die Zeit um 1980 gab. Da immer noch Reusen ohne Otterkreuze verwendet werden, muss man annehmen, dass auch heute noch Otter in den Reusen ertrinken. In Dänemark sind Reusen ohne Otterkreuze verboten. Bei uns hat sich der Otter-Bestand trotz dieser permanenten Gefahr wieder erholt.
(Beispiele für Otterreusen)
Otterbretter und Bermen
An der L39 von Tetenhusen nach Hohn (Brücke über die Sorge) und an der B202 südlich von Friedrichsholm (Brücke über die sog. Rinne) wurden unter den Brücken Otterbretter eingebaut. Otter benutzen die Bretter als Ausstieg und geraten so nicht mehr in den Verkehr. In der Südermarsch zwischen Wisch und Husum sind zahlreiche Otterbretter unter den Brücken zu finden. Vor allem die gefährliche Überquerung der B5 wird so erfolgreich verhindert. Andere Brücken besitzen ein seitliches Stein oder Kiesbett, auf dem der Otter der Brücke gefahrlos unterquert und seine Spuren hinterlässt.
Schlusswort
Ein junger Jäger, dem der Verfasser über die offensichtlich positive Situation des Otter im ETS-Gebiet erzählte, reagierte spontan und meinte: „Eine gute Nachricht und eine gute Entwicklung für unsere Region“. In der Tat ist es positives Signal, wenn Spitzenprädatoren wieder die alten Lebensräume besetzen und ihre Funktion als Bioindikatoren ausfüllen. Sie zeigen uns an, dass ihre Welt wieder in Ordnung ist und wir können uns darüber freuen, diese historische Entwicklung miterlebt zu haben. Weitere Hinweise über Beobachtungen nimmt der Verfasser gerne entgegen.