von Hans-Gerhard Dierks, Stapel
Eigentlich begann alles mit einem Zufall: Ende August beobachtete der Verfasser einige Fledermauskästen im „Restwald“ der Wasserwerkfläche am nördlichen Dorfrand von Süderstapel. In der Dämmerung gegen 21 Uhr flogen mehrere Zwergfledermäuse immer wieder um „ihren“ Baum, inspizierten den zugehörigen Nistkasteneingang (Foto1) und interessierten sich offensichtlich deutlich füreinander. Derartige Spielchen waren dem Verfasser neu und entsprechend groß war das Interesse dieses Verhalten zu analysieren.
Mit dem Fledermausdetektor (SSF Bat2) konnte anhand der Ruf-Rhythmen (Peak bei +/- 45 kHz) die Art bestimmt werden und auch die beobachtete Größe der Tiere unterstützte eindeutig die Artdiagnose „Zwergfledermaus“. Die Winzlinge (6-8 g Körpergewicht) passen mit angelegten Flügeln in eine Streichholzschachtel und sind allgemein die häufigsten Fledermäuse. Der Fledermausdetektor kommt ins Spiel, um die normalerweise nicht hörbaren Ultraschallrufe der Fledermäuse in eine für Menschen hörbare Frequenz zu transponieren. Ein Digitalrecorder und eine Stirnlampe vervollständigten zusätzlich die Ausrüstung.
Zu den bekannten Orientierungs- bzw. Jagdrufen kamen an diesem Abend sogenannte Soziallaute (21kHz), die dem Verfasser bislang noch nicht bekannt waren. Neugierig gemacht, studierte der Verfasser am nächsten Tag die vorhandene Literatur und recherchierte im Internet zum Thema Soziallaute der Fledermäuse. Anhand von Stimmvergleichen auf Fledermaus-CD´s konnte das gehörte Geschehen am Waldrand von Süderstapel als Balz identifiziert werden. Weitere zahlreiche nächtliche Untersuchungen im Dorf zeigten dann, dass die Zwergfledermäuse an vielen Stellen die typischen Balzlaute vortrugen. Formal wurde bei der Kartierung fast täglich mit dem Fahrrad im Dunkeln das gesamte Dorf in den frühen Morgenstunden abgefahren und alle 50 m-75 m mit dem Detektor die Umgebung gescannt. Das Gerät kann aus über 50 m Distanz die Rufe hörbar machen. Innerhalb weniger Tage konnten so 20 rufende Männchen lokalisiert werden (siehe Karte), die vor allem in der Zeit ab 4 Uhr bis etwa 6 Uhr morgens mit konstanter Frequenz um 21 kHz balzten.
Diese rufenden Tiere wurden dann immer wieder im Folgezeitraum besucht und überprüft. Vorteilhaft an den frühen Morgenstunden ist die deutliche Reduzierung der Störgeräusche der großen Heuschrecken wie Grünes Heupferd, Graue Strauchschrecke und Eichenschrecke. Sie zirpen nicht nur im für uns hörbaren Frequenzbereich (außer Eichenschrecke), sondern sind störend laut mit ihren Ultraschall-Anteilen im Detektor zu hören. Die genannten Insekten sind im gesamten Ort vertreten, ein schönes Nebenergebnis der Fledermaus-Untersuchung. Die durch den Detektor hörbar gemachten Töne der Zwergfledermäuse wurden z.T. mit einem Recorder aufgenommen.
Wer melodische Töne erwartet wird enttäuscht werden. Die Ultraschallrufe der Fledermäuse dienen der Orientierung, dem Beutefang und der sozialen Kommunikation. Sie werden teilweise mit dem Schalldruck eines Presslufthammers ausgestoßen und wir Menschen dürfen froh sein, wenn wir das Gedröhne nicht hören können.
Das Wetter war im gesamten Untersuchungszeitraum überwiegend mit 14-15°C nachts relativ warm, windstill und trocken und kam der Arbeit sehr entgegen.
Durch die vielen nächtlichen Aktionen und Stichproben hat der Verfasser herausgefunden, dass in der Zeit vor 4 Uhr morgens nur ein Teil der Rufer stationär aktiv ist, die Zwergfledermäuse balzten dann in der Luft über ihrem Versteck, das offensichtlich später in der Nacht wieder bezogen wird. Dieser Balzflug ist leicht an der wechselnden Lautstärke zu erkennen. Die ständig rufenden Tiere fliegen eine kreisförmige Route im Luftraum oberhalb des eigentlichen Balzversteckes ab und so wird der Ton mal leiser und dann wieder lauter. Interaktionen mit Weibchen konnten nicht festgestellt werden, hier ist in Zukunft noch Forschungsbedarf notwendig. Außerdem konnte festgestellt werden, dass nach Eintritt der Dämmerung wird nicht sofort gebalzt wird; vermutlich wird zunächst nach Insekten gejagt, um notwendige Energie zu tanken.
Die stationär rufenden Fledermausmännchen saßen fast drei Wochen in den frühen Morgenstunden bis auf einen Fall einzeln in ihren Verstecken, die in Nistkästen (2), Häusern/Schuppen (15) und Baumhöhlen (3) lagen. Interessanterweise erfolgten keine Balzrufe aus vermeintlich geeigneten Objekten wie z.B. der Katharinenkirche, der alten Apotheke und der alten Friedhofkapelle. Aus den in Süderstapel bekannten Häusern mit Fledermausquartieren erscholl nur aus zweien der raue, etwas kratzige Balzruf. Bis auf den Eisenbahnschacht zwischen Norder- und Süderstapel, dem Knickwall Lieth und dem Eiderufer südlich des Dorfes wurde die freie Landschaft nicht in die Untersuchung einbezogen.
Gegen Ende September wurde die Rufaktivität deutlich geringer und ab dem 28.9. war die Balzzeit offensichtlich vorbei. Nicht geklärt werden konnte der genaue Beginn der Aktivitäten, dieses bleibt für 2015 vorbehalten. Eine Reihe weiterer Fragen schließt sich an, ohne dass sie hier im Detail weiter erörtert werden sollen. Auf jeden Fall möchte der Verfasser 2015 aufgrund der diesjährigen Erkenntnisse auch in anderen Stapelholmer Dörfern Untersuchungen zu diesem Balzgeschehen mit Helfern (die gerne früh aufstehen) durchführen. Hinweise auf Fledermausquartiere und evt. gefundene tote Tiere werden gerne vom Verfasser entgegengenommen, damit die Kenntnisse über die bislang identifizierten 7 Fledermausarten in Stapelholm weiter vertieft und erweitert werden können.